Wege
aus der Angst
Ängste und Angststörungen besser verstehen
Wege aus
der Angst
Ängste verstecken sich gerne und machen häufig einsam. Warum es so wichtig ist, sich mit seiner Angst zu befreunden und den Austausch mit anderen zu riskieren.
Martha P. ist im Waldviertel aufgewachsen und beschreibt sich rückblickend als lebhaftes und mutiges Mädchen. Sie ging offen auf andere Menschen zu, war eher wild und laut. „Im Alter von 14 Jahren kippte das“, erzählt Martha. Immer ruhiger und introvertierter sei sie geworden. „Vor allem in der Oberstufe wurde es schwerer für mich, mich im Kontakt mit anderen wohlzufühlen“, erzählt die heute 35-Jährige im Rückblick. „Ich wurde extrem reizempfindlich. Manchmal reichte es, wenn zuhause ein Sonnenstrahl durch die Jalousien auf mich fiel, um massive Spannungszustände auszulösen.“ Ihr Alltag sei bald von Spannungskopfschmerzen und schlechtem Schlaf geprägt gewesen. Die Geräusche ihrer Mitschüler begannen sie zu überfordern. „Es kam ein Punkt, da hielt ich es nicht mehr aus, wenn jemand mit dem Fuß neben mir wippte“, erzählt sie und fügt hinzu: „Am Ende der Maturaklasse war Schule nicht mehr machbar.“ Martha hatte Glück: Als guter Schülerin ermöglichten es ihr die Lehrer, die letzte Klasse von zuhause aus fertig zu machen, danach folgte ein stationärer Aufenthalt, der mehr Klarheit bringen sollte.
Erfahrungen wie die von Martha sind keine Seltenheit. Oft dauert es Jahre, bis sich Betroffene von Angsterkrankungen in Behandlung begeben. Bis es zur richtigen Diagnose kommt, fühlen sie sich körperlich und seelisch schlecht – häufig ohne zu wissen warum.
Erfahrungen wie die von Martha sind keine Seltenheit. Oft dauert es Jahre, bis sich Betroffene von Angsterkrankungen in Behandlung begeben. Bis es zur richtigen Diagnose kommt, fühlen sie sich körperlich und seelisch schlecht – häufig ohne zu wissen warum.
Das Versteckspiel der Angst
„Wer Angst hat, neigt dazu, diese über lange Zeit zu verdrängen oder anders abzuwehren“, weiß auch der in der Schweiz tätige deutsche Psychologe Andreas Knuf zu berichten. Zu schambesetzt sei das Gefühl, zu wenig gesellschaftlich akzeptiert. Und: Angst hat die Tendenz, sich hinter anderen Gefühlen zu verstecken. „Meistens ist das primäre Gefühl ein eher weiches Gefühl wie Traurigkeit, Verletzlichkeit, Scham oder Angst. Es wird durch ein dominanteres Gefühl überdeckt. Oft ist es Ärger“, schreibt Knuf in seinem Gefühlsratgeber „Ruhe, ihr Quälgeister“. Warum Menschen besonders leicht auf die Wut hereinfallen, erklärt der Psychologe so: „Wut ist wesentlich energetischer als Angst. Wer wütend ist, fühlt sich mächtiger und lebendiger als jemand, der Angst hat, sich hilflos oder ohnmächtig fühlt.“
Das Versteckspiel der Angst
„Wer Angst hat, neigt dazu, diese über lange Zeit zu verdrängen oder anders abzuwehren“, weiß auch der in der Schweiz tätige deutsche Psychologe Andreas Knuf zu berichten. Zu schambesetzt sei das Gefühl, zu wenig gesellschaftlich akzeptiert. Und: Angst hat die Tendenz, sich hinter anderen Gefühlen zu verstecken. „Meistens ist das primäre Gefühl ein eher weiches Gefühl wie Traurigkeit, Verletzlichkeit, Scham oder Angst. Es wird durch ein dominanteres Gefühl überdeckt. Oft ist es Ärger“, schreibt Knuf in seinen Gefühlsratgeber „Ruhe, ihr Quälgeister“. Warum Menschen besonders leicht auf die Wut hereinfallen, erklärt der Psychologe so: „Wut ist wesentlich energetischer als Angst. Wer wütend ist, fühlt sich mächtiger und lebendiger, als jemand, der Angst hat, sich hilflos oder ohnmächtig fühlt.“
Jeder fürchtet sich anders
Der Psychiater und Universitätsprofessor Siegfried Kasper fügt hinzu, dass die Ausformungen der Angst auch stark von der jeweiligen Geschlechtszugehörigkeit geprägt seien. Diese würden häufig erst spät als Ausdruck der Angst erkannt. „Das männliche Angstverhalten ist häufig mehr durch die Modi Kämpfen und Flüchten geprägt“, so der Facharzt. Auch Sabine Sammer-Schreckenthaler, psychoanalytische Psychotherapeutin aus Wien, beobachtet, dass in ihrer Praxis gehäuft junge Frauen um die 30 sitzen, die aufgrund von Panikattacken zu ihr kommen. „Ich glaube, es ist eine Frage der Sozialisierung, dass Frauen mehr zu Angsterkrankungen neigen“, sagt Sammer-Schreckenthaler. Schon früh würde kleinen Mädchen beigebracht, sich eher ruhig und angepasst zu verhalten, laute Gefühle nicht in der großen Runde zu zeigen. „Das führt dazu, dass Frauen ihre schlechten Gefühle eher gegen sich als nach außen richten.“ Nicht selten würde eine Angsterkrankung also auf einer früh gelernten Aggressionshemmung basieren. „Frauen müssen oft erst mühsam lernen, ihre Stimme zu erheben und für sich einzutreten“, sagt die Psychoanalytikerin.
Eigene Verletzlichkeit akzeptieren
Wie schwer Angst als solche zu erkennen ist, erlebte auch Martha. Statt der Angst spürte sie häufig eine große innere Wut und Anspannung. Erst im Laufe einer längeren Therapie habe sie gelernt, ihre weichen Gefühle und ihre Verletzlichkeit mehr wahrzunehmen und Schritt für Schritt zu akzeptieren. Und es zeigte sich, dass Marthas Ängste und Panikattacken nicht ohne Grund waren. Je mehr sie ihrer Therapeutin vertraute, desto mehr konnte sie auch traumatische Erlebnisse aus ihrer Kindheit aufarbeiten. Für Martha geht es heute dennoch nicht darum, Vergangenes ein für alle Mal hinter sich zu lassen. „Am zufriedensten ist man, wenn man sich mit seiner Verletzlichkeit und all seinen Gefühlen akzeptieren kann“, weiß die junge Frau, die mittlerweile ausgebildete Ergotherapeutin ist und in ihrem Podcast „Hoffnung hilft heilen“ über seelische Gesundheit spricht.
Angstbewältigung als Schlüsselqualifikation
In der Tat sind Angsterkrankungen häufig keine Angelegenheit, die sich wie eine Grippe für immer auskurieren lässt. Unterschiedliche Lebensphasen können Ängste erneut auslösen. Dennoch hat, wer sich einmal mit seiner Angst befasst hat, gute Chancen, auch schlechte Phasen rascher zu überwinden. „Angstbewältigung sollte zur Schlüsselqualifikation werden“, sagt dazu der Soziologe Ulrich Beck in seinem Buch „Risikogesellschaft“. Auch Martha rät dazu, sich mit der eigenen Angst zu „befreunden“, anstatt ihr aus dem Weg zu gehen. Die Ergotherapeutin spricht aus eigener Erfahrung, denn auch bei ihr kommen die Ängste phasenweise wieder und fordern zu neuerlicher Auseinandersetzung auf.
Austausch mit Anderen
„Ein wesentlicher Schritt für mich war, mich mit anderen über meine Gefühle auszutauschen“, erzählt sie im Rückblick. „Im Rahmen eines Psychiatrieaufenthalts machte ich die wertvolle Erfahrung, mit den meisten Dingen nicht allein zu sein. Zu erleben, dass ich Unterstützung bekomme und mit meiner Verletzlichkeit akzeptiert und angenommen werde, war sehr heilsam für mich“, sagt Martha.
Warum Freunde und Familie so wichtig sind
Der Austausch mit anderen Betroffenen hilft nicht nur das Gefühl der Isolation zu verringern, Experten halten Angehörige und Freunde auch aufgrund ihrer Ampelfunktion für die Zukunft für besonders wichtig. „Familienangehörige sehen möglicherweise als Erste, wenn wieder Symptome auftauchen oder Verhaltensänderungen eintreten“, sagt Knuf. So könnten Betroffene rechtzeitig ermutigt werden, sich zum Beispiel neuerlich Hilfe zu suchen. Denn oft ist es nicht so einfach, auftretende Vermeidungsstrategien selbst sofort zu bemerken, weiß auch Martha. „Manche Mechanismen, um die Angst nicht wahrzunehmen, greifen so automatisch, dass es schwierig ist, das selbst zu bemerken. Wertschätzendes Nachfragen und Aufmerksammachen von anderen kann da sehr hilfreich sein.“
Warum Freunde und Familie wichtig sind
Der Austausch mit anderen Betroffenen hilft nicht nur das Gefühl der Isolation zu verringern, Experten halten Angehörige und Freunde auch aufgrund ihrer Ampelfunktion für die Zukunft für besonders wichtig. „Familienangehörige sehen möglicherweise als Erste, wenn wieder Symptome auftauchen oder Verhaltensänderungen eintreten“, sagt Knuf. So könnten Betroffene rechtzeitig ermutigt werden, sich zum Beispiel neuerlich Hilfe zu suchen. Denn oft ist es nicht so einfach, auftretende Vermeidungsstrategien selbst sofort zu bemerken, weiß auch Pany. „Manche Mechanismen, um die Angst nicht wahrzunehmen, greifen so automatisch, dass es schwierig ist, das selbst zu bemerken. Wertschätzendes Nachfragen und aufmerksam machen von anderen kann da sehr hilfreich sein.“
Medikamente ziehen
der Angst den Stachel
Um der Angst das erste Mal ins Auge sehen zu können, sind häufig Medikamente nötig. Sie reduzieren die allzu heftige Symptomatik. Welche Substanzgruppen es gibt und auf welche Nebenwirkungen zu achten ist.
Die beste Methode, sich selbst zu „medikamentieren“, sind zwei bis drei Bier gleich zu Beginn des Fortgehens. Das hatte Klaus R., Anfang 20, rasch erkannt, als er Zivildienst machte und eben dabei war, das andere Geschlecht zu entdecken. Heute ist Klaus über 40, hinter sich hat er eine jahrzehntelange „Angst-Karriere“. Vor etwas weniger als zehn Jahren schrieb er sogar einen Erfahrungsbericht über seine soziale Phobie. Was darin zu lesen steht, ist starker Tobak – Sucht und sozialer Absturz, aber immer wieder auch aufstehen, weitermachen, lernen, an sich arbeiten. R. hat heute ein Doktorat, einen Job, und er hat eine Frau, die ihm trotz vieler Schwierigkeiten schon lange beiseitesteht. Ein erster Schritt aus der Angst gelang ihm, als er während des Studiums auf Antidepressiva eingestellt wurde. „Ziel des Medikaments ist es, die Angst und die Depression zu reduzieren, sodass man beispielsweise leichter in angstbesetzte Situationen hineingehen kann, um zu üben“, schreibt Klaus in seinem Buch. „Es geht darum, sich zu konfrontieren und eine Situation überhaupt aushalten zu können.“
Ein erprobtes Paar: Medikamente und Psychotherapie
Was Klaus schreibt, wird durch die gängige Fachmeinung bestätigt. Angstpatienten profitieren am meisten von einer Kombination aus medikamentöser Behandlung und psychotherapeutischer Begleitung. „Ich bin der Meinung, dass Angstpatienten möglichst rasch Medikation bekommen sollten“, sagt der Psychiater und emeritierte Universitätsprofessor der MedUni Wien Siegfried Kasper und fügt hinzu: „Die Angst muss so schnell wie möglich wieder weg. Sie ist Gift fürs Gehirn.“ Je länger sie anhalten würde, desto mehr Bahnen würden im Gehirn besetzt. Betroffene sollten – auf Basis der Medikamente – daher auch mindestens ein Jahr symptomfrei sein, um ein Umlernen zu ermöglichen. „Die Angst muss erst wieder verlernt werden“, so Kasper. Dies kann im Rahmen einer Psychotherapie geschehen.
Abklärung von Komobiditäten im Vorfeld wesentlich
Bevor es zur medikamentösen Behandlung kommt, gelte es abzuklären, ob es sogenannte Komorbiditäten, das heißt parallel auftretende Erkrankungen gibt. „Ängste sind besonders häufig in Kombination mit Depressionen zu finden“, erklärt der Facharzt. Dementsprechend unterschiedlich würde auch die medikamentöse Behandlung ausfallen.

Antidepressiva bei Angststörung
„Am häufigsten kommt bei Angsterkrankungen die Gruppe der sogenannten Antidepressiva zum Einsatz“, sagt Siegfried Kasper. Fachleute gehen heute davon aus, dass bei Depressionen und Angsterkrankungen die Nervenübertragung durch die sogenannten Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin gestört ist. Antidepressiva setzen hier an. Sie sollen den Abbau von Serotonin und Noradrenalin verlangsamen. „Auch innerhalb der Antidepressiva lassen sich mehrere Gruppen unterscheiden“, sagt Kasper. „Solche, die eher eine beruhigende, und solche, die eher eine antriebssteigernde Wirkung haben.“ Am weitesten verbreitet sind heute die beiden Gruppen der SSRIs (Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer) und SNRIs (Selektive Noradrenalinwiederaufnahmehemmer). „Der Vorteil moderner SSRIs ist, dass keinerlei Suchtgefahr besteht“, sagt der Psychiater. Einzig die Nebenwirkungen seien von Patient zu Patient verschieden. Diese können von einer anhaltend sedierenden Wirkung über Gewichtszunahme bis zu sexueller Dysfunktion reichen. „In den meisten Fällen kommt es durch die Gabe von SSRIs anfangs sogar zu einer Zunahme der Angst“, sagt der emeritierte Universitätsprofessor. In dieser Eingewöhnungsphase würden daher häufig zusätzlich Benzodiazepine verschrieben. Außerdem sei die langsame Dosissteigerung besonders wichtig.

Vorsicht bei Benzodiazepin!
Selten, aber doch können auch in akuten Phasen der Angsterkrankung Beruhigungs- und Schlafmittel zum Einsatz kommen – dazu zählen unter anderem die Benzodiazepine. „Hier ist große Vorsicht geboten“, sagt Psychiater Michael Musalek, ärztlicher Direktor des Anton Proksch Instituts Wien. „Denn Benzos wirken bei Angstpatienten extrem gut.“ Gefährlich sei vor allem ihr großes Abhängigkeitspotenzial. Nehmen ältere Personen diese Substanzgruppen, können noch weitere ungünstige Nebenwirkungen hinzukommen, wie der Abfall kognitiver Leistungen, die Neigung zu Stürzen und Inkontinenz.
Medikation im Alter
Die Medikation von Angsterkrankungen bei älteren Personen sei generell heikel, meint Musalek, wären Angst und Depression hier doch häufig schwer zu unterscheiden. „Steht die depressive Verstimmung im Vordergrund, sind SSRIs das Mittel der Wahl“, so der Facharzt. Hierbei müsse besonders darauf geachtet werden, Präparate mit wenig Interaktion zu verschreiben, da die Betroffenen oft schon viele andere Medikamente nehmen würden. Dies sei jedoch aufgrund der langjährigen Erfahrung mit diesen Substanzgruppen mittlerweile gut möglich, erklärt Musalek. „Das bei Weitem größere Problem ist die Stigmatisierung vieler Psychopharmaka“, sagt der Leiter des Anton Proksch Instituts. Gerade ältere Menschen seien daher zurückhaltender, was die Einnahme von Psychopharmaka betrifft. Pflanzliche Mittel können hier den Einstieg in die Behandlung erleichtern.
Heilmittel der Natur
Dass die Vergabe von pflanzlichen Präparaten heute nicht nur in der Geriatrie State of the Art ist, bestätigt ebenso Universitätsprofessor Siegfried Kasper. „Jedoch nur dann, wenn die Extrakte standardisiert überprüft wurden“, fügt Kasper hinzu. Dies sei bisher nur bei einem bestimmten Lavendelöl-Präparat der Fall. Diese frei in der Apotheke verfügbaren Produkte seien in der Corona-Zeit verstärkt nachgefragt gewesen, weiß der Grazer Apotheker Helge Oswald. Bei leichten Symptomen, wie ständigem Grübeln oder Nervosität, empfehlen er und seine Kollegen diese auch gerne von sich aus. Die Rückmeldungen seien durchwegs positiv gewesen, so Oswald. Kaum jemand habe keine Verbesserung gespürt.
Unterstützung durch die Apotheke
Die meisten Apotheker hätten ein gutes Sensorium für Personen mit Angsterkrankungen, weiß Oswald zu berichten. Oswald ermutigt Menschen, diesen niederschwelligen Zugang zu Unterstützung zu suchen. „Vielen Menschen tut allein das Gespräch mit uns gut, und wir können weitere Hilfsmöglichkeiten aufzeigen“, sagt Oswald. Der erste Schritt aus der Isolation der Angst sei dann vielleicht schon getan.
Wenn die Angst immer schon da war …
Ängste begleiten Menschen in unterschiedlichen Formen oft ein Leben lang; Medikamente können helfen, nicht immer jedoch gänzlich heilen. Häufig liegt der Fortschritt im graduellen Erreichen von mehr innerer Freiheit und nicht bei kompletter Symptomlosigkeit. „Mit der Angst leben lernen“, ist ein Motto, das vielen Betroffenen hilft. Eine von ihnen ist Lena Erhard (Name von der Red. geändert). Sie kennt Ängste seit der Volksschulzeit. Eine Spurensuche an der Grenzlinie von gesund und krank.
Lena Erhard, versteht ihr bisheriges Leben erst im Rückblick. Die 50-jährige Mutter einer erwachsenen Tochter ist verheiratet und arbeitet als freiberufliche Übersetzerin. Alles passt. Dass es so ist, verdankt Erhard mehr als 15 Jahren Gesprächs-Psychotherapie, die sie nach wie vor in großen Abständen besucht. Erhard könnte ein „role-model“ für viele Menschen mit Angsterkrankungen sein; in kleinen Schritten hat sie sich mühselig aus den verschiedensten Formen der Angst „herausgerappelt“, wie sie es selbst bezeichnet.
Wetten, dass, sich Angst bezwingen lässt …?
Viele Menschen kennen das: In belastenden Zeiten will der Kopf am Abend nicht mehr aufhören zu denken; Sorgen und Gedankenkreisel verselbständigen sich immer mehr, der Schlaf wird zunehmend schlechter. Oft ist der Beginn der subsyndromalen Angststörung ein schleichender. Was kann präventiv helfen, um erst gar nicht in die Angststörung hineinzurutschen?
Wenn Julia Reichert heute eine Bühne betritt, um einen Vortrag zu halten, tut sie zuerst eines: Sie lächelt den Menschen in der ersten Reihe zu. Reichert (30) ist erfolgreiche Rhetorik-Coachin und Buchautorin („Hirn to go“, „Wie erfolgreiche Menschen reden“) aus München. Bekannt ist sie einem breiteren Publikum durch ihre beiden „Wetten, dass.. ?“-Auftritte, in denen sie mit ihrer Merkleistung beeindruckte. Vergangenen Herbst wurde sie Thomas Gottschalks letzte Wettkönigin. Was so locker aussieht auf der Bühne oder in der Show, ist nicht nur Reicherts tägliches Geschäft als auf Lampenfieber spezialisierte Coachin, es ist auch ein Stück weit Ergebnis ihrer eigenen Auseinandersetzung mit dem Thema „Angst“.
Vor Publikum sprechen: Blackout, Panik, Bewusstlosigkeit
Bereits in der Schulzeit kannte Reichert sich aufbauende Ängste bei Referaten vor der ganzen Klasse. „Richtig schlimm wurde es beim Studium“, erzählt die studierte Germanistin und Französisch-Philologin. Fast jede Prüfung sei mündlich oder in Form einer Präsentation abzulegen gewesen. „Ich habe rasch gemerkt, wie sehr die Qualität meiner Arbeit leidet, wenn die Ängste zu groß werden“, erzählt Reichert. Wie viele Menschen erlebte sie extreme Nervosität, bis hin zur Angst vor Bewusstlosigkeit. „Jeder Vortragende kennt die Angst vor dem Blackout. Ehrliche Auseinandersetzung mit der eigenen Angst ist das Einzige, das hilft“, sagt die Coachin.
Anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, macht auch sie bereits während des Studiums die Not zur Tugend und beginnt sich mit ihren Schwierigkeiten zu befassen. „Woher kommt die Angst? Was will sie mir sagen?“ sind Fragen, die sie bald wissenschaftlich begleiten, denn Reichert setzt ihre Ausbildung mit einem Master in Cognitive Neuroscience of Language fort. Das Ergebnis sind mittlerweile zwei Bücher, die sich u.a. mit dem neurobiologischen Hintergrund von Ängsten befassen.
Bereits in der Schulzeit kannte Reichert sich aufbauende Ängste bei Referaten vor der ganzen Klasse. „Richtig schlimm wurde es beim Studium“, erzählt die studierte Germanistin und Französisch-Philologin. Fast jede Prüfung sei mündlich oder in Form einer Präsentation abzulegen gewesen. „Ich habe rasch gemerkt, wie sehr die Qualität meiner Arbeit leidet, wenn die Ängste zu groß werden“, erzählt Reichert. Wie viele Menschen erlebte sie extreme Nervosität, bis hin zur Angst vor Bewusstlosigkeit. „Jeder Vortragende kennt die Angst vor dem Blackout. Ehrliche Auseinandersetzung mit der eigenen Angst ist das Einzige, das hilft“, sagt die Coachin.
Anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, macht auch sie bereits während des Studiums die Not zur Tugend und beginnt sich mit ihren Schwierigkeiten zu befassen. „Woher kommt die Angst? Was will sie mir sagen?“ sind Fragen, die sie bald wissenschaftlich begleiten, denn Reichert setzt ihre Ausbildung mit einem Master in Cognitive Neuroscience of Language fort. Das Ergebnis sind mittlerweile zwei Bücher, die sich u.a. mit dem neurobiologischen Hintergrund von Ängsten befassen.
Psychoedukation zur Angst-Reduktion
Denn, so viel ist sonnenklar, wer sich – ganz im Sinne der Psychoedukation – mit den eigenen Ängsten beschäftigt, hat bessere Chancen, sie zu verringern. Dabei geht es einerseits um theoretisches Wissen zu den ungeliebten Gefühlen. Reichert dazu: „Es ist evolutionär komplett sinnvoll, als Einzelner, der vor einer Menschenmenge steht, Angst zu haben. Waren unsere steinzeitlichen Vorfahren mit einer fremden Horde konfrontiert, konnten sie zu Beginn nicht wissen, ob ihr Leben nicht in Gefahr war. Erst wenn das Gegenüber eindeutig Sympathie bekundet, kann Entspannung eintreten.“ Genau darum lächelt Reichert heute, wenn sie eine Bühne betritt, versucht vorab mit dem Publikum in Austausch zu kommen oder einen Witz zu machen. „Jedes Herstellen einer Verbindung, hilft die Angst schlagartig zu reduzieren“, weiß die Coachin.
Üben, üben, üben
Diese Tatsache lässt sich auch hervorragend im Alltag üben. Wer zu Ängsten neigt, kann sich angewöhnen, sich regelmäßig mit diesen zu „konfrontieren“. Reichert schlägt ihren KlientInnen z.B. vor, ab und zu einen anderen Menschen in der U-Bahn anzusprechen, etwa mit einem Kompliment zu einem Kleidungsstück. „Je mehr und öfters wir unsere Ängste überwinden, desto kleiner werden sie“, so Reichert – und das in jeder Situation.
Wer die Coachin heute fragt, ob sie denn kein Lampenfieber mehr hätte, erntet ein Lächeln. Tatsächlich gehe es ihr mehr um die Frage des Umgangs mit Ängsten und nicht um ihr komplettes Verschwinden. Was ihr dabei heute noch hilft, ist das Pflegen einer entspannten Fehlerkultur. „Häufig sind wir zu streng mit uns selbst“, so Reichert. „Wer sein Bestes gibt, darf auch Fehler machen – wir sind alle nur Menschen.“
Wer die Coachin heute fragt, ob sie denn kein Lampenfieber mehr hätte, erntet ein Lächeln. Tatsächlich gehe es ihr mehr um die Frage des Umgangs mit Ängsten und nicht um ihr komplettes Verschwinden. Was ihr dabei heute noch hilft, ist das Pflegen einer entspannten Fehlerkultur. „Häufig sind wir zu streng mit uns selbst“, so Reichert. „Wer sein Bestes gibt, darf auch Fehler machen – wir sind alle nur Menschen.“